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Was heisst denn heute liberal? Que veut dire être libéral aujourd'hui?: Liberale Antworten auf Herausforderungen des 21. Jahrhunderts Que veut dire être libéral aujourd'hui? Les réponses libérales aux défis du 21e siècle
Was heisst denn heute liberal? Que veut dire être libéral aujourd'hui?: Liberale Antworten auf Herausforderungen des 21. Jahrhunderts Que veut dire être libéral aujourd'hui? Les réponses libérales aux défis du 21e siècle
Was heisst denn heute liberal? Que veut dire être libéral aujourd'hui?: Liberale Antworten auf Herausforderungen des 21. Jahrhunderts Que veut dire être libéral aujourd'hui? Les réponses libérales aux défis du 21e siècle
Livre électronique223 pages2 heures

Was heisst denn heute liberal? Que veut dire être libéral aujourd'hui?: Liberale Antworten auf Herausforderungen des 21. Jahrhunderts Que veut dire être libéral aujourd'hui? Les réponses libérales aux défis du 21e siècle

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À propos de ce livre électronique

Angesichts dessen, dass der Zeitgeist der politischen Idee des Liberalismus kalt ins Gesicht bläst, stellen sich die folgenden Fragen: Was heisst heute liberal und was sind liberale Antworten auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts? Wie sieht ein zeitgemässer, vitaler Liberalismus aus? Innerhalb welcher Koordinaten muss ein Liberalismus verlaufen, der sich den gesellschaftlichen Realitäten des 21. Jahrhunderts stellt? Die deutsch/ französische Publikation versammelt Gespräche, welche die Herausgeber mit liberal denkenden Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien zu den Themen Privatsphäre, soziale Verantwortung, Migration, Religionsgemeinschaften, Demokratie und Recht, Gesundheit, Umwelt und Familie geführt haben.
LangueFrançais
ÉditeurNZZ Libro
Date de sortie14 sept. 2015
ISBN9783038101260
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    Aperçu du livre

    Was heisst denn heute liberal? Que veut dire être libéral aujourd'hui? - NZZ Libro

    Fulvio Pelli, Béatrice Acklin, Yann Grandjean

    Herausgeber / Editeurs

    Was heisst denn heute liberal?

    Liberale Antworten auf Herausforderungen

    des 21. Jahrhunderts

    Que veut dire être libéral aujourd’hui ?

    Les réponses libérales aux défis du 21e siècle

    Mit Zeichnungen von / Avec des illustrations de

    Cornelia Ziegler

    Verlag Neue Zürcher Zeitung

    Editions Neue Zürcher Zeitung

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

    in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten

    sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    © 2015 Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich / Editions Neue Zürcher Zeitung, Zurich

    Der Text des E-Books folgt der gedruckten 1. Auflage 2015 / Le texte de l’ebook correspond à la premiere edition du livre imprimé 2015 (ISBN 978-3-03810-108-6)

    Titelgestaltung / conception de la couverture : TGG Hafen Senn Stieger, St. Gallen

    Datenkonvertierung / conversion des données : CPI books GmbH, Leck

    Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts.

    Cet ouvrage est protégé par le droit d’auteur. Touts les droits, en particulier de traduction, de réimpression, de reproduction orale, d’utilisation des illustrations et des tableaux, de diffusion, de reproduction par tous les procédés (y compris la microcopie) et d’enregistrement informatique, sont réservés. Le présent ouvrage ne peut être reproduit de manière intégrale ou partielle que dans les limites des dispositions en vigueur de la loi sur le droit d’auteur. Une telle reproduction est soumise à une obligation de rémunération. Le non-respect des droits et obligations susmentionnés relève des dispositions pénales du droit d’auteur.

    ISBN E-Book 978-3-03810-126-0

    www.nzz-libro.ch

    NZZ Libro ist ein Imprint der Neuen Zürcher Zeitung / NZZ Libro fait partie des Editions Neue Zürcher Zeitung

    Vorwort

    Eric Gujer

    Journalist, seit März 2015

    Chefredaktor der Neuen Zürcher

    Zeitung, Buchpublikationen über

    Nachrichtendienste (2006) und

    die deutsche Aussenpolitik (2007).

    Liberalismus ist eine politische Position, die heute nicht mehr selbstverständlich Anhänger findet. In den meisten kontinentaleuropäischen Staaten dominiert ein milder, um nationale Besonderheiten angereicherter Sozialdemokratismus. Linke wie Rechte verteidigen die manchmal recht zweifelhaften Errungenschaften des seit dem Zweiten Weltkrieg aufgebauten Sozialstaats, der für Freiheit und Wettbewerb nur beschränkt Raum lässt. Der Sozialstaat umsorgt den Einzelnen in fürsorglicher Belagerung, und er hat hierzu eine Bürokratie aufgebaut, die beständig nach neuen Aufgaben sucht. So ist es beispielsweise in Deutschland längst gleichgültig, wer regiert. Die Leistungen wachsen beständig, je nach politischer Konjunktur werden Familien, Rentner oder Arbeitnehmer beglückt.

    In solch einem Klima muss sich tatsächlich derjenige rechtfertigen, der für Selbstverantwortung der Individuen plädiert. Der Rauswurf der FDP aus dem Deutschen Bundestag ist ein Warnzeichen, wie schnell auch eine seit Jahrzehnten im Parlament verankerte liberale Partei den notwendigen Rückhalt bei den Wählern verlieren kann. Zwar hat die FDP zahlreiche eigene Fehler begangen. Ihre gänzlich auf das Thema Steuern reduzierte Programmatik wurde spätestens dann zum Handicap, als sie die lauthals versprochenen fiskalischen Erleichterungen nicht liefern konnte. Hinzu kamen personelle Probleme und seit der Griechenland-Krise die Spaltung ihrer Klientel in Anhänger und Gegner einer Euro-Rettungspolitik. Doch dies allein vermag den mindestens vorläufigen Niedergang der Freidemokraten nicht zu erklären. Die Häme und die Verachtung, die der Partei im Bundestagswahlkampf 2013 in den Medien und grossen Teilen der Öffentlichkeit entgegenschlugen, deuten vielmehr darauf hin, dass liberale Positionen ganz grundsätzlich zu einem Fremdkörper in der politischen Kultur der Bundesrepublik geworden sind.

    Die Schweiz entzieht sich wenigstens partiell den europäischen Grosstrends, doch auch hier befanden sich Liberale lange Zeit in der Defensive. Der Niedergang verlief schleichend, er zog sich seit Anfang der 1990er-Jahre fast über zwei Jahrzehnte hin. Auch in der Schweiz haben die Verluste an den Urnen mit einer Spaltung der potenziellen Anhängerschaft in einen linksliberalen, einen bürgerlich-staatskritischen sowie in einen konservativen Flügel zu tun – mit anderen Worten in Grünliberale, FDP und SVP. In den jüngsten Wahlen geht es allerdings für die FDP wieder aufwärts, und viel spricht dafür, dass es sich dabei nicht nur um eine blosse Momentaufnahme handelt. Liberale Ansichten haben es zwar auch in der Schweiz zunehmend schwer. Auch hier wollen die Menschen die Früchte des Sozialstaats geniessen und fügen sich deshalb nicht ungern der Bevormundung durch staatliche Institutionen. Der Steuerstaat ist zwar noch nicht so gefrässig wie andernorts, auch hat das Individuum noch mehr Freiräume, doch Eingriffe ins Wirtschaftsleben werden populärer, und die Regulierung schreitet wie im übrigen Europa voran.

    Wenn sich Freisinnige in diesem ebenfalls ungünstiger werdenden Klima behaupten können, so liegt dies vorrangig darin, dass es ihnen gelungen ist, aus der Defensive herauszufinden und sich zu emanzipieren. Spätestens seit Christoph Blocher das Grounding der Swissair zum Anlass nahm, gegen den angeblichen FDP-Filz vom Leder zu ziehen, haftete Liberalen der Ruf an, nur Vertreter von Wirtschaftsinteressen zu sein. Diese mitunter tatsächlich ungesunde Nähe wurde beendet. Zwar setzt sich die FDP nach wie vor für Belange der Wirtschaft ein und profiliert sich als Stimme der ökonomischen Vernunft, zugleich aber markiert sie Eigenständigkeit. Sie übte beispielsweise Kritik an Fehlentwicklungen in Unternehmen und Branchen. Die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 sowie die Debatte über «Exzesse» bei Gehältern, Abfindungen oder Boni haben dem Freisinn langfristig vermutlich sogar genützt, weil dies den notwendigen Emanzipationsprozess förderte. Die in ihren Vorschlägen überflüssige bis schädliche Minder-Initiative fungierte als Blitzableiter und Ventil für einen verbreiteten Unmut und erleichterte es so, einen Schlussstrich unter diese Diskussionen zu setzen, welche die Wirtschaft und damit alle wirtschaftsfreundlichen Kräfte an den Pranger stellten. Liberale bekämpften zu Recht die Minder-Initiative, profitieren aber wegen des Schlussstrich-Effekts ironischerweise indirekt von ihr. Heute sind SP (Gewerkschaften, Staatsangestellte) und SVP (Bauern, Gewerbe) klassische Klientelparteien, aber gewiss nicht die Freisinnigen.

    Eigenständigkeit praktiziert die FDP unterdessen auch gegenüber der SVP. Die Masseneinwanderungsinitiative zeigt «ex negativo», was Liberale auszeichnet. Sie setzen keine falschen Hoffnungen in die EU, verteufeln diese aber auch nicht, sondern versuchen, von der Union zu profitieren, ohne die schweizerische Unabhängigkeit aufzugeben. Die für das Jahr 2017 absehbare Abstimmung über die Zukunft der bilateralen Verträge mit der EU ist damit mehr als nur ein wichtiges sachpolitisches Geschäft, sie wird identitätsbildend für die unterschiedlichen politischen Lager. Die Freisinnigen haben die einmalige Chance, sich als Kraft zu positionieren, die mit Realitäten Politik macht und nicht mit Schreckensvorstellungen.

    Ein Kurs der klaren Abgrenzung, der sachpolitische Zusammenarbeit und einzelne Wahlbündnisse – sogenannte Schulterschlüsse – nicht ausschliesst, hat das Profil der FDP geschärft. Sie ist sich zudem wieder stärker ihrer privilegierten Stellung im Parteiengefüge bewusst geworden. Trotz allem Gerede über die «neue Mitte» von Exponenten der SP, der CVP oder der BDP ist es der Freisinn, der eine Schlüsselstellung im Zentrum der Parteienlandschaft einnimmt. Kooperiert er nicht mit der SVP, vermag die stärkste Schweizer Partei ihre Anliegen nur selten durchzusetzen. Die SVP ist also, wenn sie nicht nur dogmatisch eine reine Lehre vertreten, sondern ihre Postulate in die Praxis umsetzen will, sehr viel mehr auf die FDP angewiesen als umgekehrt. Zugleich ist die FDP gegenüber der imaginierten «Mitte» in Sachfragen anschlussfähig, immer unter der Voraussetzung, dass der Freisinn seine Unabhängigkeit nach allen Seiten unterstreicht. Ein Kurs der Abgrenzung nach rechts erfordert daher komplementär auch eine Abgrenzung nach links.

    Der Begriff der Mitte ist zwar bei Freisinnigen verpönt, weil von anderer Seite usurpiert, doch nimmt die FDP faktisch genau diese Position ein. Sie ist die Mitte der Vernunft, die weder mit überrissenen Initiativen – ob 1:12-Initiative von links oder Masseneinwanderungsinitiative von rechts – noch anderen wirtschaftsfeindlichen Vorstössen das Wohlergehen der Schweiz gefährdet. Sie verfolgt eine pragmatische, unaufgeregte Politik und agiert nicht ideologisch-marktschreierisch wie ihre Wettbewerber zur Rechten wie zur Linken. Sie ist damit das Sammelbecken für Menschen, die von der Politik Lösungen für ihre Probleme statt weltanschauliche Erbauung erwarten. Sie widersetzt sich damit konsequent der seit einigen Jahren zu beobachtenden Reideologisierung der eidgenössischen Politik. Der schweizerische Freisinn vermeidet zugleich genau die Fehler, die den deutschen Vettern zum Verhängnis wurden. Er gibt sich nicht elitär, während sich die deutsche FDP als «Partei der Besserverdienenden» anpries, sondern steht allen offen, die sich der Mitte der Vernunft anschliessen wollen. Und er hat ein umfassendes Programm anstatt der Engführung auf die Steuerthematik. Liberalismus ist zunächst eine politische Idee von der Freiheit. Der vorliegende Band setzt sich mit zentralen Bereichen auseinander, die für diese Idee konstitutiv sind. Damit aus einer Idee praktische Politik wird, braucht es aber mehr als Werte und eine feste Grundüberzeugung. Taktisches und strategisches Geschick, eine breitenwirksame Kommunikation, Durchsetzungsvermögen und Selbstbewusstsein sind Tugenden, ohne die man im politischen Alltag nicht weit kommt. Der schweizerische Freisinn hat diese in den letzten Jahren an den Tag gelegt und damit bewiesen, dass sich der Liberalismus auch heute noch in einem sozialdemokratisch und sozialstaatlich gefärbten Umfeld zu behaupten vermag. So stehen Theorie und Praxis in einem permanenten Rückkopplungsverhältnis. Ohne die Reflexion der eigenen Grundlagen wird jede Politik doktrinär; sie verliert über kurz oder lang an Anziehungskraft auf die Wähler und Stimmbürger. Ohne eine kraftvolle Praxis verkommen alle normativen Höhenflüge jedoch zu einem sterilen Glasperlenspiel. Hier die richtige Balance zu finden, ist eine Aufgabe, der sich Liberale aller Schattierungen stellen sollten.

    Die Herausgeber / Les éditeurs

    Fulvio Pelli

    Dr. iur., Anwalt und Politiker;

    ehemaliger Grossrat und Nationalrat;

    Präsident der Freisinnig-Demokratischen

    Partei (FDP) 2005

    bis 2009 und der FDP. Die Liberalen

    2009 bis 2012.

    Béatrice Acklin

    Dr. habil. theol., Theologin;

    FDP-Abgeordnete im Freiburger

    Parlament und im Freiburger

    Agglomerationsrat; Autorin

    zahlreicher Bücher zum Thema

    Politik und Religion.

    Yann Grandjean

    Juriste, titulaire d’un MPA

    (IDHEAP) ; chercheur en droit

    public (droit constitutionnel, droit

    comparé et analyse des politiques

    publiques) ; ancien vice-président

    du PLR.Les Libéraux-Radicaux du

    Canton de Fribourg.

    Einleitung

    Der Liberalismus ist unter Druck, der Zeitgeist bläst dieser politischen Idee kalt ins Gesicht. Während in Ländern wie der Ukraine oder Türkei Menschen für die Freiheit auf die Strasse gehen, scheint der politische Liberalismus in vielen liberalen Demokratien Westeuropas an Anziehungskraft verloren zu haben. Die in der Verfassung garantierten Freiheitsrechte, die errungenen politischen und individuellen Freiheiten haben zur Gewöhnung an die Freiheit und gleichzeitig zu ihrer Entwertung geführt. «Unfrei weiss man um den Wert der Freiheit, freigesetzt verliert man ihn aus den Augen», sagt der Soziologe Gerhard Schulze ¹.

    Dass der Begriff des Liberalismus sich einer klaren Definition entzieht, macht die Sache nicht einfacher: Nicht nur sind die Vorstellungen vieler Bürgerinnen und Bürger vom Liberalismus recht diffus, sondern auch unterschiedlichste politische Bewegungen und Parteien reklamieren für sich, liberal zu sein. Wenn aber das, was Liberalismus bedeutet, nicht in zunehmendem Mass mit Beliebigkeit verwechselt werden soll, dann ist eine minimale Begriffsschärfe erforderlich.

    Eine kritische Reflexion über das, was mit dem Begriff «Liberalismus» gemeint ist, drängt sich aber auch deshalb auf, weil der Liberalismus in jüngster Zeit für fast alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht worden ist: Unter Missbrauch der Flagge «Liberalismus» segelten zügellose Gier und schamlose eigene Bereicherung.

    Angesichts dessen, dass das Feuer für die Idee der Freiheit derzeit auf kleiner Flamme brennt, ist umso mehr in Rechnung zu stellen, dass der Liberalismus wie jede andere politische Idee im Kolorit seiner Zeit schattiert ist. Auch der Liberalismus ist zeitlichen Veränderungen unterworfen und muss deshalb immer wieder neu nach Wegen suchen, um sein gleichbleibendes Ziel, nämlich die Freiheit in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, zu erreichen und zu bewahren. Die Herausforderungen, denen wir heute ausgesetzt sind, sind grösstenteils andere als jene, auf die die Vordenker des Liberalismus im 19. Jahrhundert reagiert haben. Während gewisse Bedrohungen der Freiheit kleiner geworden oder gar nicht mehr vorhanden sind, erwachsen der Freiheit heute andere Gefahren, etwa durch den Zugriff von Staaten und Unternehmen auf virtuelle Datensammlungen.

    Wenn Freiheit «ein nie erledigter Auftrag» (Guy Kirsch²) ist, dann muss auch die politische Idee des Liberalismus, die sich am Prinzip Freiheit ausrichtet, immer wieder neu unter den besonderen Voraussetzungen der jeweiligen Zeit durchdekliniert werden. Ein vitaler Liberalismus fällt nicht einfach vom Himmel, sondern muss stets von Neuem erkämpft, verteidigt, entwickelt und gefördert werden. Weil uns von den Vordenkern des Liberalismus historische Welten trennen, bleibt es heutigen freiheitsliebenden Köpfen nicht erspart, Denkmühen darauf zu verwenden und sich zu fragen, was heute, im 21. Jahrhundert, «liberal» heisst: Innerhalb welcher Koordinaten muss ein zeitgemässer Liberalismus, der sich den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Realitäten des 21. Jahrhunderts stellt, verlaufen, und was sind «liberale» Antworten auf die wesentlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts?

    Diesen Fragen geht die vorliegende, zweisprachige Publikation nach. Sie versammelt die Gespräche, die Béatrice Acklin, Yann Grandjean und Fulvio Pelli mit freiheitsliebenden Köpfen aus der Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien zu den aktuellen Herausforderungen Privatsphäre / Digitale Welt, Migration, Demokratie und Recht, Religion / Religionsgemeinschaften, Soziale Verantwortung, Gesundheit, Familie und Umwelt geführt haben. Im Gespräch, in dem die Moderatoren gelegentlich die Funktion eines Advocatus Diaboli wahrnehmen, legen die aus unterschiedlichen Landesteilen der Schweiz stammenden liberalen Persönlichkeiten ihr Verständnis von Liberalismus dar und loten liberale Antworten auf wesentliche Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aus. In der Diskussion mit ihrem Gegenüber werden sie dazu angehalten, ihr liberales Selbstverständnis an einem konkreten Thema durchzudeklinieren. Weil liberales Gedankengut sich im Einklang und noch öfter in Reibung mit der praktizierten Politik entwickelt, und weil umgekehrt liberale Politik sich immer wieder ihrer geistigen Grundlagen zu vergewissern hat, werden Exponenten aus der politischen Theorie und Praxis miteinander ins Gespräch gebracht. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie mit dem jeweiligen, in der öffentlichen Debatte gewichtigen Thema vertraut und für ihre pointierte Meinung dazu bekannt sind.

    Aus den Gesprächen geht hervor, dass die Antworten, die Liberale auf wesentliche Herausforderungen des 21. Jahrhunderts haben, sich in einzelnen Punkten durchaus unterscheiden können, etwa bezüglich des Freiheits- oder des Staatsverständnisses. Genauso wenig, wie Liberale auf einen Nenner gebracht werden können, genauso wenig gibt es auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nur eine liberale Antwort; stattdessen sind es vielfältige, aus liberaler Warte verantwortete Lösungsansätze, die in den Gesprächen vorgebracht und gelegentlich kontrovers diskutiert werden.

    Die Gespräche machen nicht nur die Vielfalt liberalen Gedankenguts ersichtlich, sondern sie zeigen auch, dass die Gesprächspartner und Gesprächspartnerinnen ihre Haltung an einem klaren Kompass ausrichten. Der liberale «fil rouge», dem sie folgen, durchzieht ihre Argumentation und ihre Gedankengänge und schliesst Beliebigkeit im Sinne eines Sowohl-als-auch aus. Das Eigenkapital an liberalem Gedankengut, das von den Gesprächspartnern und Gesprächspartnerinnen einmal leiser und einmal lauter, aber stets engagiert und mit Leidenschaft in die Waagschale der Diskussion geworfen wird, lässt auf ein breites Spektrum an freiheitsliebenden Köpfen schliessen. Ihnen allen gemeinsam ist ein gewisser rebellischer Geist, Skepsis bezüglich politischer

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